livingloud - Plattenspieler einstellen

Plattenspieler einstellen

livingloud.de war ja mal eine Seite über HiFi und Platten - und da ich immer noch gelegentlich auf eine alte Anleitung zum Einstellen von Plattenspielern angesprochen werde, steht diese ab sofort wieder zur Verfügung.

Im Gegensatz zu CD-Spielern gibts Plug&Play bei den altmodischen LP-Laufwerken nicht. Der mechanische Abtastvorgang ist nunmal mit -sagen wir mal Eigenheiten- behaftet, die immerhin die Möglichkeit einer absolut unerfreulichen Wiedergabequalität einräumen. Mit ein wenig (relativ) Mühe kann man Ergebnisse erzielen, die CD-Hörer (inzwischen haben wir 2015, und niemand hört mehr CDs - seit 2004 hat sich wirklich viel verändert) in ungläubiges Kinnladenrunterfallenlassen versetzen. Ausserdem macht das Hobby ja viel mehr Spass wenn sich die Benutzung nicht nur auf Anschalten der Mehrfachsteckdose und die Play-Taste auf der Fernbedienung beschränkt.

LP-Grundlagen

Schallplatten kommen aus einer Zeit in der Hifi nach DIN Qualitätskriterien vorgab, über die heute jedes zweite Küchenradio lacht. Die Aufzeichnungsverfahren und auch die Klangästhetik waren völlig anders als heute. Die Anforderungen, die seinerzeit an Musikwiedergabe gestellt wurden, konnten mit all den Nachteilen der LP erfüllt werden, weil einerseits die Aufnahmequalität nicht besser war und auch andererseits die Abspielmöglichkeiten der Nutzer nicht ausreichten, um das Medium voll auszuschöpfen. Grundsätzlich sind LP´s im Bassbereich fast immer mono um Platz auf dem Medium zu sparen, die obere Grenzfrequenz geht theoretisch im Gegensatz zur CD bis "unendlich", in der Praxis selten über 15kHz auf der Aussenrille und knapp 10kHz in der Innenrille. Technisch "besser" als ein digitales Medium ist eine LP also nicht in der Kanaltrennung, im Frequenzgang, im Klirrfaktor - die sind eher kathastrophal. Es gibt aber Menschen, die behaupten, dass die analoge Aufzeichnung der Wellenformen besser klingt, als die Digitalisierung und Rück-Wandlung in ein analoges Wiedergabesystem (das jede Art von Lautsprecher oder Kopfhörer ist, unser Gehör hat ja keinen USB-Anschluss). Wie sehr das bei LPs noch Gültigkeit haben kann, die seit ca. 1990 produziert wurden, und bei denen man davon ausgehen kann, dass beim Recording mindestens eine "digitale Bandmaschine" und danach weitere digitale Geräte verwendet wurden, lasse ich mal dahingestellt. Allerdings darf man einfach finden, dass LPs schöner klingen als CDs, grade wegen ihrer technischen Mängel. Und dass LP-hören mehr Spass macht, als auf nem touch-display in der iTunes-Bibliothek rumzudrücken.

Einstellung

Die mechanische Abtastung einer Schallplatte mit einer futzelig-kleinen Diamantnadel erfordert einen ziemlich hohen mechanischen Aufwand, um ein gutes Klangergebnis zu erzielen, und weder die Nadel noch die Platte schneller als nötig zu zerstören. Der Idealfall wäre, dass sich die Nadel des Tonabnehmers stets im Kräftegleichgewicht und absolut sekrecht in der Plattenrille befindet. Um das Kräftegleichgewicht aus Tonarmreibung, Reibung der Nadel auf der Platte und der entstehenden "skating-Kraft" auszugleichen, haben fast alle Tonarme eine einstellbare Antiskating-Funktion. Die Möglichkeit der "perfekten" Einstellung ist umstritten - denn die Kraft müsste jeweils dynamisch an den momentanen Winkel des Arms auf der Platte angepasst werden, mindestens aber zur Plattenmitte hin abnehmen. Das sehen nur wenige Tonarme vor. Während dieses Skating-Problem noch relativ harmlos ist, ist die Anforderung, einen 0-Winkel zwischen Nadelträger und Rille herzustellen, theoretisch noch mit Tangentialarmen erreichbar - die aber viele andere Nachteile mitbringen, und deshalb selten verwendet werden. Bleiben wir beim Drehtonarm, gibt die Geometrie vor, dass nur an genau 2 Stellen auf einer Platte der Idealzustand erreicht werden kann, in dem zwischen Nadel und Rille kein sog. Spurfehlwinkel besteht. Gepaart mit der Tatsache, dass die Klangqualität der Platte von aussen nach innen abnimmt, ist es nun eine Frage der geschickten Anordnung dieser "Nulldurchgänge", um über die gesamte Platte einen möglichst guten Durchschnittswert zu erzielen, und Verzerrungen niedrig zu halten. Die Lage dieser Nulldurchgänge ist seit Erfindung der Schallplatte Thema vieler Überlegungen, und grundsätzlich der einzige Unterschied zwischen den Einstellschablonen, die man in der Schublade findet oder kaufen kann.

Auf den folgenden Seiten zeige ich, wie man mit einfachen Werkzeugen eine brauchbare Grundeinstellung hinbekommt, mit der man seine Plattensammlung und das Abnehmersystem nicht zerstört, und klanglich ein gutes Ergebnis erzielt - und wie man mit viel Zeit und Mühe das Thema auf die Spitze treiben kann :)

Teil 1: Einstellung von Plattenspielern - Vorbereitung

Teil 2: Standard-Einstellung von Plattenspielern in 15 Minuten

Teil 3: Justage von Plattenspielern für Fortgeschrittene