livingloud - Plattenspieler justieren und einstellen

Einstellen von Plattenspielern

Teil 2: Standard-Einstellung für "Normalos"

Mit dieser kurzen Anleitung kann auch ein Neuling den alten Plattenspieler aus dem Keller reaktivieren, oder nach dem Kauf eines neuen Tonabnehmersystems (oder Plattenspielers) eine anständig klingende Grundeinstellung vornehmen. Diese Anleitung geht davon aus, dass Tonarmhöhe und Abstand zur Plattentellermitte fest vorgegeben und nicht einstellbar sind. Die benötigten Hilfsmittel sind so preisgünstig wie möglich ausgesucht und verlinkt. Aus sentimentalen Gründen sind die Bilder aus der damaligen Version :) Viel Spass!

1. Teil 1 lesen

Plattenspieler einstellen - Vorbereitungen und den Plattenspieler richtig aufstellen.

2. Antiskating

Skating/antiskating beim Plattenspieler

Bei der Abtastung der LP wird der Tonabnehmer/Arm von der Plattenrillenseitenwand permanent in Richtung des Mittelpunktes gedrückt. Um das zu kompensieren, kann man bei fast allen Plattenspielern das sogenannte "Antiskating" einstellen. Entweder über ein kleines Gegengewicht am Tüddelband, oder über eine kleine Feder, die irgendwo im Arm versteckt verbaut ist - ein Einstellrad oder einen Schieber dazu findest Du irgendwo unten am Arm. Damit Dir beim Einstellen nicht ständig die Nadel wegrutscht, solltest Du es vor dem Beginn auf 0 stellen oder das Gewicht aushängen. Danach, wenn alles Andere fertig eingestellt ist - ein Tip aus der Praxis? Stell es einfach auf 1,5-2 und mach Dir keinen Kopf. :)

3. Auflagegewicht

Damit wir nicht gleich den Nadelträger verbiegen, geht's mit dem Auflagegewicht weiter. Das wird am Tonarm mit dem grossen Gegengewicht hinten eingestellt. Wie "schwer" das Tonabnehmersystem es gern hätte, steht in der zugehörigen Anleitung. Wenn Du keine mehr hast, und Dein Tonabnehmer kein Exot ist, kannst Du von 1,8 - 2g ausgehen. Das Gewicht an Deinem Tonarm hat eine Skala? Dann ist eine grobe Einstellung ganz einfach. Nadelschutz runterklappen oder aufstecken, damit nix passiert! und den Tonarm mit dem Gegengewicht wie eine Wippe schwebend ausbalancieren. Jetzt kannst Du die Skala auf dem Gewicht auf 0 drehen (ohne das Gewicht auf dem Arm zu verstellen). Wenn der Arm jetzt immer noch schwebt, schraubst Du das Gegengewicht vorsichtig (ohne die Skala am Gewicht zu verdrehen) in Richtung Armbasis, bis die Skala am Gewicht auf 2 steht. Das ist nicht besonders genau - aber wen Du keine Waage hast, gehts ja nicht anders.

Ortofon Tonarmwaage

Mit Waage: senkst Du den Tonarm mit Lift vorsichtig mit der Nadelspitze auf die Waage ab. Finger am Lift lassen - und schön vorsichtig. Zu schwer? Dann muss das Gegengewicht weiter nach hinten. Zu leicht? Dann muss das Gegengewicht weiter nach vorn. Das Gewicht solltest Du nur bei angehobenem Tonarm verstellen.
Eine einfache und günstige Waage, auf jeden Fall genauer als die Skala am Gewicht (oder falls Dein Arm keine Skala hat): Ortofon Waage bei Amazon.

4. Azimuth

Azimuth einstellung am Headshell

Damit die Platte nicht beschädigt wird und die Abtastung rechts/links gleichlaut erfolgt, ist es wichtig dass die Nadel genau senkrecht in der Plattenrille steht. Bei einigen Tonarmen kann man dazu das headshell, also den Halter des Tonabnehmers, am Arm verdrehen. Um den Azimuth zu prüfen, wird oft ein Spiegel empfohlen, den man auf den Plattenteller legt und die Nadel darauf absenkt. Wenn Du dann genau von oben guckst, kannst Du sehen, ob der Tonabehmer grade zu seinem Spiegelbild steht. Für den Spiegel gilt: er sollte möglichst nicht dicker sein als eine LP. Der Kosmetikspiegel Deiner Freundin könnte unter Umständen passen. Die Verpackung von Schokoküssen reflektiert innen auch ganz hervorragend. Kleines Stück ausschneiden, fertig. Ich finde, man kann das von vorn auch ohne Hilfsmittel gut sehen.
Viele Tonarme erlauben gar keine Azimuth-Verstellung. Wir gehen in dem Fall einfach davon aus, dass die so genau gefertigt sind, dass es passt.

5. Kröpfung und Überhang

Kröpfung und Überhang bei der Tonabnehmerjustage

Jetzt kommt der fiese Teil. Das Tonabnehmersystem würde im idealen Fall immer rechtwinklig zur abgetasteten Plattenrille stehen. Das gibt ein normaler Tonarm aber geometrisch gar nicht her. Ziel ist es, dass das System über den Verlauf der Platte nur einen möglichst geringen FehlWinkel zur Rille hat- viele schlaue Menschen haben sich seit den 30ern mathematische Lösungen überlegt, an welchen Stellen die sogenannten "Nulldurchgänge" liegen sollten, also die 2 Stellen auf der Platte, an denen die Abtastung ideal ist, damit es insgesamt auf der ganzen Platte am Besten klingt. Welchen Ansatz man hier bevorzugt, ist nicht nur eine Philosophiefrage, sondern auch von geometrischen Eigenschaften des vorhandenen Plattenspielers abhängig. Wenn Du zu Deinem Plattenspieler eine Schablone hast, solltest Du auch genau diese benutzen.
Wenn nicht, und wenn Du nicht tiefer in die Materie einsteigen willst: Ebenfalls von Ortofon gibt es eine günstige Schablone, die uns für eine einfache Einstellung ausreichen wird: Ortofon Schablone bei Amazon . Auf dem Bild kannst Du sehen, dass ich mit nem Mini-Stück Tesa eine Bleistiftmine am Gehäuse befestigt habe, um mir das Leben leichter zu machen.

Los geht's: Tonarmlift hoch, und die beiden Schrauben, die Deinen Tonabnehmer halten, ganz leicht lösen - so dass Du mit sanftem Druck den Tonabnehmer am headshell verschieben kannst. Dann senkst Du den Tonarm langsam auf die Schablone ab und guckst mal, wie weit Du vom Idealzustand entfernt bist. Im Prinzip geht es jetzt "nur" darum, dass Du die Nadel auf den markierten Punkt absetzt, und den Tonabnehmer so lange verschiebst (Arm dazu wieder anheben!) bis die Linien auf der Schablone perfekt parallel zu den Kanten Deines Tonabnehmers stehen. Dazu kannst Du den Tonabnehmer nicht nur von vorne nach hinten verschieben, sondern auch leicht schräg zum headshell stellen - optische Symmetrie zwischen Tonarm und System ist hier nicht gefragt. Richtig - für diesen Teil brauchst Du etwas Geduld und Geschick.

Für mich hat es sich bewährt, bei Schablonen mit 2 eingezeichneten Nulldurchgängen zuerst am inneren Punkt anzufangen, und dort den Überhang einzustellen, also den Tonabnehmer nach vorn oder hinten zu verschieben. Wenn Du von oben auf den Tonabnehmer schaust, und die Nadel zwar im Nullpunkt liegt, der Tonabnehmer zu den Linien auf der Schablone aber nach rechts/im Uhrzeigersinn verdreht ist, muss der Tonabnehmer weiter nach hinten. Wenn er nach links/gegen den Uhrzeigersinn verdreht ist, muss er im headshell ein Stück nach vorn geschoben werden. Wenn der innere Punkt grob passt, nehme ich mir den äusseren vor, und kontrolliere dort den Winkel, bei dem das Gehäuse des Tonabnehmers und die Linien auf der Schablone parallel sind. Dazu muss der Tonabnehmer im headshell vrsichtig verdreht werden. Dann gehts wieder an den inneren Punkt zur Kontrolle. Zischen den beiden Einstellpunkten darfst/musst Du den Teller ein Stück drehen. Dabei natürlich: Tonarmlift hoch. Über diese Methode wirst Du Dich mit wenigen Schritten zwischen beiden Nulldurchgängen an das Endergebnis herantasten.
Wenn Du den Eindruck hast, dass Du das System bestmöglich ausgerichtet hast, kannst Du die Schräubchen vorsichtig wieder anziehen. Kurze Kontrolle, ob dabei nix verrutscht ist, nochmal auf die Waage, weil Du den Tonabnehmer ja unter Umständen verschoben hast, Antiskating wieder hochdrehen, fertig. Jetzt sind die versprochenen 15 Minuten auch um, schätze ich :)

und jetzt?

Musik höräään, denn darum gehts ja. So richtig überpingelig muss man gar nicht sein. Je nach Bedarf und individuellen Charakterschwächen ergänzbar durch: "Freunde einladen, angeben" oder "in Hififoren rumnerven" oder "noch mehr LP´s kaufen" oder so. Oder - Teil 3 lesen:

Intro und Begrifflichkeiten

Teil 1: Einstellung von Plattenspielern - Vorbereitung

Teil 3: Justage von Plattenspielern für Fortgeschrittene